Zusammenfassung des Filmprojekts

 

Kaum im improvisierten Studio Platz genommen beginnt Stadtarchivar Eckhard Steigerwald  Dokumente aus der Tasche zu kramen und hält sie stolz in die Kamera. Er fängt an zu erzählen: „Der früheste Hinweis auf Einwohner jüdischen Glaubens in Barsinghausen  stammt aus dem Jahr 1702. In Barsinghausen lebten 1871 40-50 Juden, 1925 waren es 63." Weiter kommt er nicht, die Regie unterbricht ihn, das Mikrofon ist nicht richtig befestigt. Janina und Robin, die für das Bild und den Ablauf des Interviews verantwortlichen Schüler schauen sich verdutzt an, der für den Ton verantwortliche Schüler lächelt verlegen. Also noch mal von vorn…

 

Wir, 20 Schülerinnen und Schüler des Hannah-Arendt-Gymnasiums Barsinghausen haben uns während des Schuljahres 13/14 auf Spurensuche gemacht, um alles rund um das Thema jüdisches Leben und Nationalsozialismus in Barsinghausen zu erkunden und filmisch zu erfassen. Dazu wurden von uns drei Schüler-Filmcrews gebildet sowie eine Gruppe mit der Erstellung der Homepage sowie für die Archivrecherche gebildet.Im Fokus der ersten Filmcrew standen die Stolpersteinverlegungen in Barsinghausen. Außerdem wurden von einer zweiten Schülergruppe alle Spuren, die der Nationalsozialismus hinterlassen hat gefilmt und Recherchearbeiten im Stadtarchiv übernommen. Ein "Making Of" wurde schließlich von der dritten Schülergruppe filmisch erfasst, die dazu die anderen beiden Gruppen im Hintergrund begleitete. Das Gesamtpaket ergibt eine lokalgeschichtliche Dokumentation über die Spuren jüdischen Lebens in Barsinghausen, welche allmählich in Vergessenheit geraten. Insgesamt erstreckte sich das Projekt auf etwa drei Monate.

 

 Vor den ersten Filmaufnahmen mussten wir uns sowohl intensiv mit der historischen Thematik  sowie der Filmtechnik vertraut machen. Nicht nur der fächerübergreifende Aspekt, sondern vor allem der schüleraktivierende, handlungsorientierte Rahmen spielte hier eine besondere Rolle. Das Filmen ist nur in Teamarbeit möglich (ein Schüler führt „Regie“, ein anderer Schüler führt das Interview, ein Anderer ist verantwortlich für die Kamera, ein Weiterer für Ton, Licht, Schnitt etc.). Insbesondere erwies sich der intergenerative AspektdesProjekts, also derAustausch zwischen den Generationen, als wertvoll. So steht nicht nur das Produkt (Homepage sowie drei selbstgedrehte Filme über fünf-sechs Minuten ) sondern der medienpädagogische, intergenerative Prozess der Entstehung für den Erfolg des Projekts. Letztendlich hat dieser Ansatz des Projekts, der Austausch zwischen Generationen, uns Schülern neue und andere Zugänge zu der Thematik ermöglicht. Neben dem Spaß, den wir bei der Filmarbeit hatten, entstand  ein sinnvoller Beitrag zum Thema Nationalsozialismus und jüdisches Leben in Barsinghausen. Es zeigte sich, selbst nachdem die Kameras schon lange abgeschaltet waren, dass das Projekt eine gute Grundlage für einen Dialog der Generationen ist. 

 

Wir überlegten uns zunächst die Herangehensweise an die Thematik. Erste Drehbücher und Storyboards wurden angefertigt. In der zweiten Phase machten wir uns in Kleingruppen auf Spurensuche anhand einer zuvor im Unterricht erarbeiteten Ideen-Liste. In einer dritten Phase wurde später das Filmmaterial zusammengeschnitten (In einer Vorbereitungsphase,  bereits vor Beginn des Projekts eigneten wir uns im Rahmen eines Blockseminars den Umgang mit der Kamera,  Grundbegriffe zu Kamera, Bildgestaltung, Montage, Ton, Musik etc. und die Schnitttechnik an). Dies steigerte unsere Motivation, Eigentätigkeit und Eigenverantwortung Politikgeschichte und lokale Alltagsgeschichte der Menschen wurde somit für uns greifbar und nachvollziehbar. Das fertige Produkt des Film-Projekts wurde in Form einer Film-DVD dem Stadtarchiv übergeben. In unserem Fall freute sich  der Archivar der Stadt Barsinghausen Herr Steigerwald sehr über das wertvolle zeitgeschichtliche Dokument.

 

All die erhofften (Lern-)effekte erfüllte das Projekt im besonderen Maße durch:

-Erweiterung der Medienkompetenz (Filmerstellung, Fach Kunst)

-Einführung in fachwissenschaftliche Inhalte und Methoden (Recherchearbeit im Stadtarchiv und Bibliotheken, Fach Geschichte)

-Fachübergreifenden Unterricht (Ge, Ku)

-Wissenschaftspropädeutik (Einführung in die Filmwissenschaft)

Außerdem erfüllt es den Anspruch des schulinternen Medienkonzeptes, in der Klassenstufe 11/12 die Filmerziehung zu forcieren.

 

Das jüdische Leben ist vergessener Alltag in Barsinghausen. Täglich fahren die Schüler auf der Hauptstraße, an der viele jüdische Geschäfte angesiedelt waren mit dem Fahrrad zur Schule. Familienangehörige (Großvater, Urgroßvater) haben dort eingekauft. Schon vor Beginn ist das Projekt darauf angelegt gewesen, dass alle wussten und fühlten: 


1.Das Film -und Kulturprojekt „Geschichte im Film“ hat für mich einen Sinn.
2.Es ermöglicht mir, meine Fragen und meine Interessen unterzubringen und hilft mir
dabei diese Fragen im Sinne einer Gegenwarts- und Zukunftsorientierung zu beantworten
3.Das Projekt hat etwas mit mir und meiner Heimat zu tun. Ich leiste einen wertvollen Beitrag für die nachhaltige Aufarbeitung der Geschichte meines Heimatortes.
4.Das Projekt befähigt mich, Methoden zu erlernen, die mir eigenständige Aneignungsprozesse ermöglichen. 
5.Auch als schwächerer Schüler habe ich eine Chance mitzumachen und mich einzubringen.

Schnell merkten wir: Die Erstellung eines Filmbeitrages ist von unabdingbaren Kriterien abhängig: Teamfähigkeit, hohes Engagement und ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein.

 

Die besondere Idee des Projekts liegt in der eigenständigen filmischen Umsetzung einer vorher aus der Gruppe heraus generierten historischen Fragestellung. Da die Themenfindung und die Idee der filmischen Umsetzung von uns Schülern kam, bedeutet dies, dass wir unser Erkenntnisinteresse selbst näher bestimmt haben, uns selbst Lernziele gesetzt haben und nach Antworten auf unsere Fragen gesucht haben. Die filmische Umsetzung diente dabei nicht nur als Motivationsfaktor, sondern war von zentraler Bedeutung für den Erkenntnisgewinn und für ein nachhaltiges Lernen.